Brandbrief der GSV

Brandbrief der GSV

Die Gesamtschülervertretungen (GSV) vieler Berliner Schulen wandten sich an den Senat, um gegen die Auswirkungen der Sparpolitik auf die Schülerfahrten zu protestieren.
Hier der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Wegner,
sehr geehrte Frau Senatorin Günther-Wünsch,
sehr geehrter Herr Senator Evers,

als gewählte Interessenvertretung von 70 Berliner Schulen wenden wir uns im Namen der Berliner Schülerschaft an Sie. Die aktuell verhängte Haushaltssperre für Klassenfahrten stellt einen schwerwiegenden Fehler im Bereich der Bildungspolitik dar, der Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit im schulischen Kontext gefährdet. Sie lässt eine grundlegende Haltung erkennen, die uns auf die Zukunft bezogen große Sorgen bereitet.

Gedenkstätten-, Klassen-, Kurs-, Chor-, Austausch- und Sportfahrten sowie andere Formen von Bildungsreisen sind wesentliche und wichtige Bestandteile unserer schulischen und persönlichen Entwicklung. Jede Schülerin, jeder Schüler muss das gleiche Recht auf diese Erfahrungen haben.

Schulfahrten bieten weit mehr als nur eine Gelegenheit, den Unterrichtsalltag zu durchbrechen. Sie fördern in besonderem Maße soziale Kompetenzen, Selbstständigkeit und das Verantwortungsbewusstsein jedes einzelnen Kindes. Die Erfahrungen, die wir in dieser Zeit miteinander teilen, stärken nachhaltig sowohl Klassenverbände als auch die gesamte Schulgemeinschaft. Darüber hinaus bieten Schulfahrten insbesondere jüngeren Schülerinnen und Schülern die wertvolle Gelegenheit, sich in völlig neuen Umgebungen zurechtzufinden und dabei erste Schritte in Richtung Eigenständigkeit fernab des Elternhauses zu machen. Doch durch die aktuelle Bildungspolitik wird uns diese wertvolle Möglichkeit genommen, was langfristig negative Auswirkungen auf den Schulalltag und die persönliche Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zur Folge haben wird.

Die Haushaltssperre hat dazu geführt, dass zahlreiche lang geplante und ersehnte Fahrten abgesagt werden mussten, während andere unter der Bedingung durchgeführt werden können, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt genehmigt und gebucht wurden – ein Vorgehen, das aus unserer Sicht einer Lotterie gleicht. Beispielhaft genannt sei hier etwa die Tatsache, dass es aktuell für Schülerinnen und Schüler in der Hauptstadt Deutschlands – gerade im Angesicht aktueller gesellschaftspolitischer Herausforderungen – nicht mehr möglich ist, an Gedenkstättenfahrten teilzunehmen.

Untragbar ist die Forderung, dass Lehrkräfte diese Fahrten nur unter der Bedingung durchführen dürfen, auf einen Dienstkostenausgleich zu verzichten. Diese Bedingung, die von Lehrkräften eine solche persönliche Opferbereitschaft verlangt, empfinden wir als unverschämt und hat zur Folge, dass strukturelle Chancenungleichheit beim Anrecht auf Gedenkstätten-, Klassen-, Kurs-, Chor-, Austausch- und Sportfahrten sowie andere Formen von Bildungsreisen entsteht. Die Verpflichtung zur Verzichtserklärung auf Dienstkosten als Voraussetzung für die Genehmigung von Fahrten stellt letztlich eine erpresserische Entbehrung verdienter Gelder dar. Uns ist nicht bekannt, dass in anderen Senatsverwaltungen auf die Erstattung von Dienstkostenausgleichen verzichtet werden muss.

Unklar ist, weshalb ausgerechnet die Fördervereine Ihr haushaltspolitisches Versäumnis ausgleichen sollen. Die Finanzierung von Schülerinnen- und Schülerbeiträgen für Klassenfahrten steht zudem im Widerspruch zur Satzung und dem Gründungszweck der meisten schulischen Berliner Fördervereine.

Mit Verständnis für die aktuelle finanzielle Schieflage des Landes Berlin fordern wir eine verantwortungsvolle und planbare Lösung in Bezug auf unsere Bildung. Wir schlagen deshalb eine gerechte Verteilung von Geldern für Bildungsfahrten vor, basierend auf Schulform, Schulgröße und Bildungsanspruch der Fahrt (wie z.B. Austauschfahrten und Gedenkstättenbesichtigungen).

Bildung ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Verantwortung. Chancengleichheit und -gerechtigkeit sind demokratische Werte und dürfen gerade im schulischen Kontext nicht auf der Strecke bleiben. Wir appellieren daher an Sie, den Wert von Schulfahrten und den Einsatz der Lehrkräfte anzuerkennen und eine verantwortungsvolle Lösung zu finden. Sie sparen an der falschen Stelle – nämlich an der nächsten Generation dieses Landes.

Gerne treten wir in einen persönlichen Austausch, um eine Lösung mitzuerarbeiten, die der tatsächlichen Schulrealität gerecht wird.

Mit freundlichen Grüßen

Die Vorstände der Gesamtschülervertretungen (GSV) der folgenden Berliner Schulen:

1. Albrecht-Dürer-Gymnasium
2. Anna-Essinger-Gemeinschaftsschule
3. Bethooven-Gymnasium
4. Bröndby-Oberschule
5. Carl-von-Ossietzky-Gymnasium
6. Carl-Zeiss-Oberschule
7. Conrad-Schule
8. Dathe-Gymnasium
9. Dreilinden-Gymnasium
10. Droste-Hülshoff-Gymnasium
11. Ellen-Key-Schule
12. Ernst-Haeckel-Schule
13. Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium
14. Fichtenberg-Gymnasium
15. Freiherr-von-Stein-Gymnasium
16. Fritz-Karsen-Schule
17. Fritz-Reuter-Schule
18. Georg-Friedrich-Händel-Gymnasium
19. Georg-von-Klingenberg-Gymnasium
20. Goethe-Gymnasium
21. Grundschule am Buschgraben
22. Grundschule auf dem Tempelhofer Feld
23. Grüner Campus Malchow
24. Gutenberg-Schule
25. Gymnasium Steglitz
26. Heinrich-Hertz-Gymnasium
27. Heinrich-Schliemann-Gymnasium
28. Heinz-Brandt-Schule
29. Hermann-Ehlers-Gymnasium
30. Humboldt-Gymnasium
31. Immanuel-Kant-Gymnasium
32. ISS Mahlsdorf
33. Jean-Piaget-Oberschule
34. John-Lennon-Gymnasium
35. Käthe-Kollwitz-Gymnasium
36. Käthe-Kruse-Grundschule
37. Kiekemal-Grundschule
38. Kopernikus-Oberschule
39. Kurt-Schwitters-Schule
40. Max-Planck-Gymnasium
41. Max-von-Laue-Oberschule
42. Melanchton-Gymnasium
43. Nord-Grundschule
44. Obersee-Schule
45. Otto-Nagel-Gymnasium
46. Otto-Wels-Grundschule
47. Paul-Natorp-Gymnasium
48. Paulsen-Gymnasium
49. Reinhold-Otto-Grundschule
50. Rheingau-Gymnasium
51. Robert-Havemann-Gymnasium
52. Rosa-Luxemburg-Gymnasium
53. Rothenburg-Grundschule
54. Rudolf-Virchow-Oberschule
55. Sartre-Gymnasium
56. Schadow-Gymnasium
57. Schiller-Gymnasium
58. Schule am Rathaus
59. Sophie-Scholl-Schule
60. Sternberg-Grundschule
61. Tagore-Gymnasium
62. Theodor-Storm-Schule
63. Thomas-Mann-Gymnasium
64. Vincent-van-Gogh-Schule
65. Wald-Gymnasium
66. Walther-Rathenau-Gymnasium
67. Werner-von-Siemens-Gymnasium
68. Wilhelm-von-Siemens-Gymnasium
69. Willi-Graf-Gymnasium
70. Wilma-Rudolph-Gymnasium

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Bild: unsplash