Die Präsidentschaftswahl in den USA

Die Präsidentschaftswahl in den USA

Die Wahlen in den Vereinigen Staaten haben ohne Zweifel so viele Menschen innerhalb des Landes polarisiert, wie es schon seit Langem nicht mehr der Fall war. Diese Polarisierung beschränkt sich zuletzt nicht nur auf das Land selbst, sondern hat auch auf internationaler Ebene große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dies liegt nicht nur an den sehr unterschiedlichen Präsidentschaftskandidaten, die sich bei den diesjährigen Wahlen gegenüber standen, sondern auch an der politischen Relevanz im Angesicht der stetig steigenden Infektionszahlen, den ein Wahlsieg in diesem Jahr mit sich ziehen könnte.

Trotz eines nun vermeintlich bevorstehenden Wahlsieges Joe Bidens wird jeder der Kandidaten einer politischen Sisyphosaufgabe entgegentreten müssen. Die Spaltung des Landes hat ein ungekanntes Ausmaß erreicht, von der, so scheint es, niemand unangetastet geblieben ist. Warum also hat es ein in vielen Hinsichten so kontroverser Mensch wie Donald Trump geschafft, sich unter amerikanischen Wählerinnen und Wählern so großer Beliebtheit zu erfreuen? Für diese Frage gibt es eine Vielzahl an Gründen, die sich nicht nur auf Trump als Person und seine Wahlkampftaktik beschränken.

Von einem durchschnittlichem Trump-Wähler lässt sich kaum sprechen. Die Beweggründe, dem republikanischen Kandidaten seine Stimme zu geben, variieren stark. Natürlich gibt es die eingefleischten Nationalisten, die der Präsident mit seiner „America First”-Politik angesprochen hat, und die ihn als einen Helden feiern. Trump hat es erfolgreich geschafft, in den letzten Jahren eine fast schon kulthafte Anhängerschaft aufzubauen. Dieser Teil seiner Anhängerschaft ist aber nicht repräsentativ für den Großteil seiner Wähler. Viele Wählerstimmen fielen ihm bei den Wahlen 2016 in die Hände, da sich seine Gegnerin Hillary Clinton in gewissen Bevölkerungsschichten großer Unbeliebtheit erfreute.

Ein weiterer Faktor war auch die damalige vergleichsweise niedrige Wahlbeteiligung in einigen Bundesstaaten, die Trump und den Republikanern in die Hände spielte. Viele Menschen unterschätzten damals die Möglichkeit eines Sieges Trumps und waren sich über die direkten Konsequenzen seiner Wahl nicht bewusst.

Trump hat es als erster Präsident vermocht, über neue Medien wie Social Media in das Bewusstsein vieler einzudringen und präsentiert sich als entschlossen und jemand, der seine Wahlversprechen größtenteils in die Tat umsetzt. Versuche, das Land zu vereinen und einen fassungslosen und erbosten Bevölkerungsteil zu beschwichtigen, gab es von seiner Seite aus nicht. Während seiner Amtszeit hat er es geschafft, die Wirtschaft kurzzeitig in die Höhe zu treiben und die Arbeitslosigkeit im Land zu senken. Von den Langzeitfolgen seiner Politik auf die Wirtschaftslage des Landes, sowie die Kündigung mehrerer wichtiger Abkommen und das Auslösen eines globalen Handelskrieges mit der Großmacht China können viele seiner Wähler absehen. Die Menschen sehen Trump als jemanden, der ihren Sorgen und Ängsten ein Ohr gibt und für ihre persönlichen Interessen eintritt. Viele Menschen haben Angst vor einer Verdrängung der weißen, privilegierten Bevölkerung innerhalb des Landes und einer Linkswende der Politik.

Trump findet auch viele Anhänger unter Kleinunternehmern und Rentnern, die er durch seine Steuersenkungen und Vorteile für sich gewinnen konnte. Gerade zur Zeiten nationaler Unruhen verspricht er einer verunsicherten Bevölkerung Sicherheit und eine Rückkehr zu normalisierten Umständen.

Trump schürt durch seine Hetzkampagnen auf dem Nachrichtenbetreiber Twitter Angst und Hass und steigert die Verunsicherung der Bevölkerung gezielt durch Falschinformationen. So konnte er noch kurz vor den Wahlen Hispanisch-Amerikaner mobilisieren, indem er ihre Ängste vor den vermeintlich sozialistischen Denkweisen und Plänen seines Konkurrenten Biden Angst machte.

Trump ist ein Charakter, mit dem sich viele weiße Amerikaner in dem Süden/Mittelwesten des Landes, aber vor allem auch in ländlicheren Regionen identifizieren können. Er verkörpert für viele die Stärke und Überlegenheit weißer provinzieller Bürger. Seine nationalistischen Slogans finden vor allem offene Ohren bei Menschen, die sich von der Politik alleine gelassen fühlen. Somit haben sich die Republikaner unter ihrem neuen Gesicht auch bis zu einem gewissen Grad zu einer Protestpartei entwickelt.

Desweiteren wird die Wahl einer Fraktion (Demokraten/Republikaner) in den Vereinigten Staaten viel mehr als eine Frage der Tradition angesehen und ist in gewisser Hinsicht schon ein Teil der Identität vieler Amerikanerinnen und Amerikaner geworden. Wer auch immer sich in der diesjährigen Wahl als Gewinner herausstellen sollte, wird aus dem knappen Ergebnis eine Lehre ziehen müssen, um einen Bevölkerungsteil beschwichtigen zu können, der sich vernachlässigt fühlt und mit dem neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten unzufrieden ist, mag es nun aus politischer Überzeugung oder Egoismus sein.

Richard
Bild: Pixabay/ Tumisu